Das Buchhörnchennest

Buchen musst du suchen … Zeugs, Bücher, Videospiele und sonst so

Manchmal habe ich einen dieser glücklichen Fälle, bei denen ich ein Buch finde, wo es mir schwer fällt es beiseite zu legen. Buchliebhaber kennen bestimmt die Momente, bei denen man (oder frau), statt die Sachen die sie eigentlich erledigen wollte, einfach weiter lesen muss. Abends geht das Licht zu spät aus, weil man unbedingt noch ein Kapitel schaffen will und wenn man doch mal etwas anderes anderes tuen sollte, freut man sich später wieder weiter lesen zu dürfen. Vergangenes Wochenende hatte ich wieder solch ein Glück.

Irgendwo auf der Welt fängt mein Weg zum Himmel an“ heißt der lange Titel des Buches von Veneda Mühlenbrink, erschienen 2010 im Ulrike-Helmer-Verlag. Im gleichen Verlag erschienen u.a. auch die Bücher von Daniela Schenk (u.a. Julia und Satine) und Carolin Schairer (u.a. Die Spitzenkandidatin). Die Autorin war mir persönlich vorher unbekannt, so dass ich das Buch auch vorrangig aufgrund der interessanten Inhaltsangabe kaufte.

In dem Buch geht es um die lesbische Schriftstellerin Valerie, die noch immer ihrer großen Liebe – die sie damals verließ – hinterher trauert. Eine Bekannte vermittelt sie an Luise, einer 96 jährigen ehemaligen Krankenschwester. Luise, die ebenfalls Zeit ihres Lebens sich zu Frauen hingezogen fühlte, erzählt der 57 Jahre jüngeren Valerie von ihrer Geschichte. Einem Leben in der Weimarer Republik und in der dunklen Zeit des dritten Reichs. Erzählungen über Freunde, Feinde, Familie und der großen Liebe in längst vergangenen Tagen. Und während Valerie diese Erinnerungen für ihr Buch festhält und die beiden immer vertrauter werden, erlebt sie auch persönliche Änderungen.

Es handelt sich bei diesem Buch also um Personen der Gegenwart mit Rückblenden in die persönliche Geschichte der Protagonistinnen – hauptsächlich der von Luise, aber auch ein paar von Valerie selbst. Die Geschichte um Luise, die viel zu erzählen weiß, ist ergreifend, einfühlsam, aber nicht aufgesetzt oder unrealistisch. Ein sympatischer Charakter, in dem man sich gut hinein versetzen konnte.
So warm bin ich mit Valerie nicht geworden. Auch wenn sie ebenfalls sympatisch und ihr vorgehen nachvollziehbar ist und gerade die Momente mir ihrer besten Freundin wirklich schön zu lesen waren, so war sie mir streckenweise doch fern.
Insgesamt würde ich das Buch und seine Charaktere als tiefgründig beschreiben, ohne sich dabei jedoch aufzudrängen. Die schönen und natürlich auch weniger schönen Momente der Charaktere sind gut beschrieben. Die Geschichte ist dramatisch, übertreibt es dabei aber eigentlich nicht. Lediglich zwei kurze Szenen, wo ich das Gefühl hatte, das man dort etwas eingeflochten hatte was nicht hätte seien müssen.

Als etwas gewöhnungsbedürftig empfand ich jedoch den Schreibstil. Es gibt ab und zu Sprünge in der Zeit, bei denen es manchmal Anfangs schwer nachzuvollziehen war, wohin man die Szene einordnen musste. Streckenweise wechselten auch mal, mitten in der Geschichte, die Perspektiven, was das flüssige Verfolgen der Geschichte etwas erschwerte. Trotz dieser Kritikpunkte kann man das Buch aber gut lesen, wenn auch vielleicht nicht so hundert Prozent flüssig.

Ich kann das Buch jedem, der gerne Geschichten dieser Art liest, ans Herz legen. Veneda Mühlenbrinkhat ein sehr gefühlvolles Buch geschrieben, das ich ohne große Bedenken weiter empfehlen kann. Als lockere Standlektüre würde ich es allerdings nicht empfehlen.
Von mir gibt es 4 von 5 Sternen.

Dieser Beitrag wurde geschrieben am Montag, 13. Dezember 2010 und wurde abgelegt unter "Buecherkiste, Lesbisches Allerlei". Du kannst die Kommentare verfolgen mit RSS 2.0. Du kannst hier einen Kommentar hinterlassen, oder einen Trackback senden von deiner eigenen Seite.

2 Kommentare

  1. Katja:

    Ich finde, solche Bücher, deren Geschichte einen so gefangen nimmt, sind unbezahlbare Schätze. Das Eintauchen kenne ich gut – irgendwann bin ich fast mit dem Nachbarn vor der Tür zusammengestoßen, weil ich selbst auf dem Weg zum Briefkasten leeren das Buch nicht aus der Hand legen konnte.

  2. Bioschokolade:

    Ich habe, als ich das Buch im Zug gelesen habe, fast meinen Bahnhof verpasst. Gott sei dank wollten viele raus, so dass es dann doch auffiel als um mich herum auf einmal allem aufstanden. Manchmal ist das wirklich unpraktisch *G*. Aber beim gehen lese ich dann doch eher nicht, ich bin so schon ungeschickt genug. Ich hätte eher den Briefkasten erst am Abend geleert *g*.

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